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6 Jahre nach dem Erdbeben in Haiti – wo stehen wir heute?
– Rolf Maibach
6 Jahre nach dem Erdbeben in Haiti – wo stehen wir heute?
Am 12. Januar jährt sich die grösste Katastrophe in Haiti seit mehr als einem Jahrhundert, das 300‘000 Tote, ebenso viele Verletzte und über zwei Millionen Obdachlose gefordert hatte. Das Interesse an Haiti hat unterdessen nachgelassen, neue Katastrophen und Bedrohungen in der übrigen Welt und sogar bei uns stehen im Vordergrund. In Haiti selbst hingegen sind die Gedanken auch nach sechs Jahren noch sehr präsent; die meisten Menschen hatten damals Freunde und Familienmitglieder verloren, sind selber betroffen durch Verluste ihrer Unterkunft oder Folgen von Verletzungen - die Zeit wird in Epochen vor dem „Séisme“ und nach dem Erdbeben eingeteilt! Viele qualifizierte Leute, Ärzte, Pflegefachleute, Ingenieure etc. hatten das Land nach der Katastrophe verlassen, nicht zuletzt, da sie durch Verlust ihrer Arbeitsplätze (eingestürzte Spitäler und Fabriken) und sogar durch Konkurrenzierung durch wenig professionelle „Hilfswerke“ keine Zukunft für sich mehr sahen. Das ist auch einer der Gründe für die seit vielen Jahrzehnten wohl schwächste Regierung des Landes, die zwar viel verspricht, aber kaum Versprechen einhalten kann.
Und trotzdem wurde in den sechs Jahren viel an Aufbauarbeit geleistet, auch in der fast völlig zerstörten 3-Millionen Hauptstadt Port-au-Prince - weniger durch staatliche Hilfe als durch private Initiative. Haitianer sind zwar nicht so tüchtig im Vorausplanen aber „Weltmeister im Improvisieren“, wie wir immer wieder feststellen. Trotz kontinuierlicher Abwertung der haitianischen Währung (gourdes) gelang es in den letzten Jahren, die meisten zerstörten Quartiere in den betroffenen Städten erdbebensicherer aufzubauen, teilweise in Zusammenarbeit mit Hilfswerken, die erkannt hatten, dass nur Projekte erfolgreich und nachhaltig sind, die vor Ort zusammen mit Einheimischen und nicht „zu Hause“ entwickelt werden!
Das Hôpital Albert Schweitzer in Haiti, das von der Schweizer Partnerschaft HAS Haiti betreut wird, wurde vom Beben verschont und konnte damals über 1300 Schwerverletzte behandeln und eine Prothesenwerkstatt für über 2000 Menschen mit Amputationen aufbauen. In der nachfolgenden Choleraepidemie wurden über 7100 schwer kranke Menschen erfolgreich behandelt. Wir haben diese und die früheren Katastrophen (Hurricans mit Überschwemmungen 2008 etc.) immer auch als Chance betrachtet, unsere eigenen Leistungen nochmals zu verbessern. Wer hätte vor einigen Jahren gedacht, dass wir trotz finanziellen Engpässen unsere Operationssäle, die Kinderabteilung, das Labor renovieren und eine leistungsfähige Mikrobiologie aufbauen könnten, die sogar der Universitätsklinik als Referenz zu Verfügung steht, oder, dass wir in unserem Aufforstungs-Projekt vor kurzem den 2 Millionsten Baum pflanzen konnten! Niemand hätte es für möglich gehalten, dass wir dank grosszügigen Schweizer Sponsoren, Spital und Campus mit Sonnenenergie versorgen und tagsüber die Dieselgeneratoren für Stromherstellung ausschalten könnten. Seit dem 25. Oktober 2015 ist es so weit. Aber wir wollen unser System noch weiter ausbauen, damit wir von fossilen Brennstoffen unabhängiger werden und Geld und hunderte von Tonnen CO2 Ausstoss sparen können.
Es gibt noch viel zu tun, im Albert Schweitzer Spital und in ganz Haiti! Aber für uns ist es eine Freude, auch schwierige Projekte zusammen mit unseren haitianischen Freunden anzupacken und dank unserem Prinzip der Zusammenarbeit mit Respekt, Bescheidenheit, Bestimmtheit, Humor und Liebe zum Erfolg zu führen!
Rolf Maibach, Ilanz
Geschäfts- und Projektleiter Schweizer Partnerschaft HAS Haiti